*20.03.1811 Paris - †22.07.1832 Schönbrunn, Wien
Herzog von Reichstadt
Joseph Karl Franz wurde am 20.03.1811 in Paris als König von Rom und Napoleon II. geboren. Sein Vater war Napoleon, seine Mutter war Maria Louise von Österreich, eine Tochter Kaiser Franz II.(I.).
Nachdem sein Vater auf St. Helena verbannt worden war, kam er in Begleitung seiner Mutter am 21.03.1815 nach Schönbrunn.
Die finanzielle Sicherheit erhielt der Kaiserenkel durch den Plan der Hofstellen, dass er nach dem Tod seiner Mutter die pfalz-bayerischen Güter in Böhmen erhalten sollte. Reichstadt, der Hauptort dieser Besitzungen, wurde zum Herzogtum erhoben.
Am 13. Juli 1821 erfuhr er vom Tod seines Vaters.
Im Alter von 21 Jahren erkrankte er und wurde vom Hofarzt Malfatti statt auf (die damals unheilbare) Tuberkulose auf einen Leberschaden behandelt.
Erschwerend auf den Krankheitsverlauf wirkte auch das Misstrauen, welches der junge Prinz gegen seine Ärzte hegte. Der sterbende Napoleon hatte nämlich seinerzeit verfügt, man möge seinen Sohn über seine vermeintliche Todeskrankheit Magenkrebs unterrichten, da auch Carlo Bonaparte, sein Vater, an dieser Krankheit gestorben war.
Der Todkranke lag in jenen Zimmern in Schönbrunn, die Napoleon nach der siegreichen Schlacht bei Wagram 1809 bewohnt hatte.
Am 15. Dezember 1940 wurde der Sarg mit den sterblichen Überresten des Sohnes Napoleons auf Befehl von Adolf Hitler in den Invalidendom nach Paris gebracht. Diese Überführung war als Geschenk des Führers an den damaligen Präsidenten Frankreichs, Marschall Philipp Petain, anlässlich des 100. Jahrestages der Überführung des Leichnams Napoleons von St. Helena nach Paris gedacht. Drei Tage zuvor hatte die Gestapo den Pater Provinzial des Kapuzinerklosters verhaften lassen, während Angehörige der SS, der SA und acht Männer der Bestattung in die Gruft eindrangen und den 800 Kilogramm schweren Sarkophag abbauten.
Abgesehen vom politischen Hintergrund wurde durch die Überführung nach Paris der letzte Wunsch des Herzogs von Reichstadt erfüllt, im Tod an der Seite seines Vaters ruhen zu dürfen – dies war jedoch der damaligen deutschen Regierung unbekannt.
Von der Überführung nach Paris berichtete Professor Kurt Stümpfl: "Mein Vater Heinrich Stümpfl war 1940 Generalleutnant und Stadtkommandant von Wien. Eines Nachts läutete in der Wohnung meiner Eltern das Telefon. Ein Offizier vom Dienst meldete den Befehl des Führerhauptquartiers in Berlin, den Sarkophag des Herzogs von Reichstadt unverzüglich mit militärischen Ehren nach Paris überführen zu lassen. Diese Aktion sollte anlässlich des hundertsten Jahrestages der Überführung der Gebeine Napoleons von St. Helena nach Paris die französische Regierung für Hitler günstig stimmen.
Als meine Mutter, die den Anruf entgegengenommen hatte, schlaftrunken versuchte, Bruchstücke des Wortlautes des Befehls meinem Vater zu übermitteln, war das Ergebnis: er möge die Leiche des Reichsstatthalters nach Paris bringen lassen. Mein Vater wunderte sich über den plötzlichen Tod des Reichsstatthalters, Baldur von Schirach. Am folgenden Morgen klärte sich die Angelegenheit auf, und mein Vater machte sich an die Durchführung des Befehls, wofür nur wenige Stunden zur Verfügung standen.
Da er als Offizier begreiflicherweise über die komplizierten Begräbnisbräuche des ehemaligen Kaiserhauses nicht unterrichtet war, kam zwar der Leichnam mit dem Begleitoffizier Oberst Oskar Schlegelhofer pünktlich um 9 Uhr früh in Paris an, Herz- und Eingeweideurne blieben jedoch in Wien.
In Paris waren die Nachkommen der Napoleoniden aufgefordert worden, dem Empfang beizuwohnen. Es war ein regnerischer, nebliger Tag."
In der Krypta des Invalidendomes in Paris, der französischen Hauptstadt, stand der Sarkophag zunächst neben dem Napoleons, wurde später jedoch in die Unterkirche gebracht.
Die Inschrift auf dem Sarkophag lautet:
AETERNAE. MEMORIAE IOS. CAR. FRANCISCI. DUCIS. REICHSTADIENSIS NAPOLEONIS. GALL. IMPERATORIS ET MAR. LVDUVICAE. ARCH. AVSTR. FILII NATI. PARISIIS. XX. MART. MDCCCXI. IN. CVNABVLIS REGIS ROMAE. NOMINE. SALVTATI AETATE. OMNIBVS. INGENII. COPORISQVE DOTIBVS FLORENTEM PROCERA. STATVRA. VVLTV. IVVNILITER. DECORSO SINGVLARI. SERMONIS. COMITATE MILITARIBVS. STVDIIS. ET. LABORIBVS MIRE. INTENTVM PHTISIS. TENTATVIT TRISTISSIMA. MORS. RAPVIT. SVBVRBANO. AVGVSTORVM. AD. PVLCHRVM FONTEM PROPE. VINDOBONAM XXII. IVLII. MDCCCXXXII.
Zum ewigen Andenken an Joseph Karl Franz, Herzog von Reichstadt, den Sohn Napoleons, des Kaisers der Franzosen und der Erzherzogin Maria Ludovica von Österreich, geboren zu Paris, den 20. März 1811, in der Wiege als König von Rom begrüßt. Ihn, der durch sein Alter und alle Geistes und Körpergaben, die schlanke Gestalt, das jugendlich schöne Antlitz, die einzigartige Freundlichkeit der Rede hervorragte und mit allem Eifer dem Militärwesen ergeben war, befiel die Auszehrung, und ein überaus trauriger Tod raffte ihn, nahe der Stadt, im kaiserlichen Schloss Schönbrunn bei Wien, am 22. Juli 1832 hinweg.